Würdigung und Danksagung

Auf Vorschlag der Joachim Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften verleiht die
DR. HELMUT UND HANNELORE GREVE STIFTUNG
FÜR WISSENSCHAFTEN UND KULTUR
den Förderpreis an
Herrn Dr. rer. nat. Volkmar Senz
Fachbereich Physik, Universität Rostock

Wie verändern sich die Eigenschaften von kleinsten magnetischen Strukturen mit Abmessungen von nur noch wenigen Nanometern? Die Dissertation von Herrn Dr. Volkmar Senz widmet sich am Beispiel von Eiseninseln und -clustern der Frage, wie die Stärke und räumliche Orientierung der Magnetisierung von deren Größe und Form abhängen. Durch systematische Messungen an selbst präparierten Systemen deckt Herr Dr. Senz das interessante Wechselspiel der Energiebeiträge auf, die die Orientierung der Magnetisierung bestimmen. Er leistet damit einen sowohl grundlegenden als auch für technische Anwendungen relevanten Beitrag zur Physik des Nanomagnetismus.

Hamburg, am 21. November 2003

(Prof. Dr. Helmut Greve) (Prof. Dr. h. c. Hannelore Greve)
Stiftungsvorstand

 

Danksagung von Dr. Volkmar Senz

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr verehrtes Ehepaar Greve, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Mit großer Freude habe ich die Nachricht aufgenommen, dass meine experimentellen Arbeiten zu den Größeneffekten magnetischer Nanostrukturen mit dem Förderpreis der "Dr. Helmut und Hannelore Greve Stiftung für Wissenschaften und Kultur" ausgezeichnet werden.
Ich danke Ihnen, sehr verehrtes Ehepaar Greve, und der Joachim-Jungius-Gesellschaft zutiefst und empfinde es als große Ehre und hohe Wertschätzung für dieses Forschungsgebiet sowie für meine eigene Arbeit.
Bevor ich zu den Ergebnissen meiner eigenen Arbeit komme, möchte ich versuchen, das Forschungsgebiet und die damit verbundenen wissenschaftlichen Fragestellungen kurz zu umreißen:
Teilt man in Gedanken einen Festkörper in immer kleinere Einheiten, ändern sich die physikalischen Eigenschaften lange bevor einzelne Atome vorliegen. Strukturen im Größenbereich von nur noch wenigen Nanometern oder kleine Teilchen mit nur noch wenigen Atomen - sogenannte Cluster - weisen Eigenschaften auf, die deutlich von denen eines ausgedehnten Festkörpers auf der einen Seite oder denen eines einzelnen Atoms oder Moleküls auf der anderen Seite abweichen und mit den Gesetzen der Quantenmechanik erklärt werden müssen.
Dabei können sich optische, chemische oder auch magnetische Eigenschaften einerseits langsam und kontinuierlich über einen bestimmten Größenbereich entwickeln. Die brillanten Farben von Kirchenfenstern, die allein durch die unterschiedlichen Größen kleiner Goldpartikel hervorgerufen werden, sind hierfür ein beeindruckendes Beispiel. Auf der anderen Seite kann sich vor allem im Bereich kleiner Cluster die katalytische Aktivität durch Hinzufügen von nur einem einzelnen Atom dramatisch ändern.
In Bezug auf die magnetischen Eigenschaften richtet sich das Interesse der Forschung wesentlich auf die im Allgemeinen erhöhte Magnetisierung von kleinen Clustern, das Verständnis der räumlichen Orientierung der Magnetisierung - die magnetische Anisotropie - sowie die Stabilität der Magnetisierung und damit einer gespeicherten Information gegen thermisch angeregte Fluktuationen. Die phänomenologische Beschreibung all dieser Effekte ist in Bezug auf technische Anwendungen, insbesondere die magnetische Datenspeicherung, von größtem Interesse. Die Motivation aus Sicht der wissenschaftlichen Grundlagenforschung geht jedoch darüber hinaus und hat ein Verständnis auf mikroskopischer Ebene zum Ziel.
Im Rahmen meiner Arbeit wurden als Modellsystem magnetische Eisen-Nanostrukturen und -Cluster mit den Methoden der Oberflächen- und Clusterphysik erzeugt und strukturell charakterisiert. Die lateralen Abmessungen konnten bis auf wenige Nanometer reduziert werden; eine Größe, bei der die einzelnen Strukturen nur noch einige hundert bis tausend Atome enthalten. Die Messung der Magnetisierung dieser kleinen Teilchen geht auf einen Effekt zurück, der schon 1877 erstmals von dem schottischen Physiker John Kerr beschrieben wurde: Die Polarisation von Licht, d.h. die Schwingungsebene der elektromagnetischen Welle, dreht sich auf Grund der Reflexion an der Oberfläche eines magnetischen Materials. Dieser Effekt kann als Grundlage verschiedener experimenteller Techniken betrachtet werden, die den Einsatz von Laserlicht im Labor und von Röntgenstrahlung an modernen Synchrotronstrahlungsquellen, wie BESSY in Berlin und der ESRF in Grenoble, einschließen. Insbesondere der Einsatz von Röntgenlicht erlaubt dabei, die Magnetisierung in chemisch heterogenen Systemen elementspezifisch zu spektroskopieren. Darüber hinaus kann unter Nutzung von harter Röntgenstrahlung, wie sie in Grenoble zur Verfügung steht, der Einfluss der Magnetisierung auf die Energieniveaus des Atomkerns eines bestimmten Eisenisotops, des 57Fe, beobachtet werden. Die Besonderheit dieser Methode liegt in der Möglichkeit, nicht nur die resultierende Gesamtmagnetisierung zu bestimmen, sondern durch Vergleich mit Modellrechnungen die lokale Verteilung der Stärke und Orientierung der Magnetisierung in den Nanostrukturen aufzuklären. Hierdurch ist es gelungen, das Wechselspiel verschiedener Beiträge der magnetischen Anisotropieenergie, die neben den unterschiedlichen Wechselwirkungen im Volumen und an der Oberfläche insbesondere die Form der Strukturen berücksichtigen, aufzuklären. Damit ist es im Modellsystem im Prinzip möglich, durch die Wahl der Präparationsbedingungen die Form der Nanostrukturen und damit die Ausrichtung des Magnetisierungsvektors einzustellen. Mit anderen Worten, es gelingt - zumindest im Labormaßstab - die magnetischen Eigenschaften auf mikroskopischer Ebene gezielt zu manipulieren. Ob sich Laborresultate dieser Art technisch nutzen lassen, wird die Zukunft zeigen.
Ich möchte nicht schließen, ohne meinen wissenschaftlichen Betreuern sowie der Rostocker Arbeitsgruppe "Cluster und Nanostrukturen" zu danken. Herr Professor Meiwes-Broer hat durch eine wissenschaftlich sehr reizvolle Aufgabenstellung, besonders jedoch durch die richtigen Fragen und das große Vertrauen, das er mir jederzeit entgegengebracht hat, diese Arbeit wesentlich gefördert. Herr Priv.-Doz. Dr. Bansmann und Herr Priv.-Doz. Dr. Röhlsberger haben durch die gemeinsame experimentelle Arbeit im Labor in Rostock und während der Experimente in Berlin und Grenoble sowie durch die rege wissenschaftliche Diskussion großen Anteil an den Ergebnissen dieser Arbeit. Und schließlich möchte ich auch den Mitarbeitern der Synchrotronstrahlungsquellen BESSY in Berlin und der ESRF in Grenoble für die äußerst engagierte Unterstützung bei den Experimenten danken.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

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